Die Aufgabe der Fachgruppe Berufliche Bildung der Hagsfelder Werkstätten und Wohngemeinschaften Karlsruhe gGmbH leitet sich aus dem Recht auf lebenslanges Lernen ab. Zurzeit umfasst ihr Angebot 50 Kurse und Qualifizierungsbausteine.

Einer der Qualifizierungsbausteine ist das „Kommissionieren“ aus dem Bereich Lagerlogistik. Der Kurs erstreckt sich über insgesamt acht Wochen. Nach einer zweiwöchigen theoretische Schulung mit Praxisanteil setzen die Teilnehmer*innen das Erlernte dann sechs Wochen lang am eigenen Arbeitsplatz um.

Im Karlsruher Gewerbepark „Karlspark“ betreut der Bereich Lagerlogistik der worKA ein Kommissionier-Lager von L’Oréal und wickelt von dort aus den Personalverkauf des Kosmetikkonzerns für den deutschsprachigen Raum ab: Pro Monat werden rund 5000 Päckchen in alle Welt verschickt; im Jahr kommen dabei rund 600.000 Artikel zusammen.

Hier führt Kursleiter Sven Kussin im März 2024 den praktischen Teil der Qualifizierung zum ersten Mal außerhalb der HWK durch.

Detlef Schulz, Leiter des Bereichs Lagerlogistik der worKA, hält die Zusammenarbeit mit der Fachgruppe für wichtig. Er erhofft sich, „einen klaren Blick zu bekommen, wie Menschen mit Behinderungen mit den Anforderungen der Arbeit umgehen“, um so Hinweise zur Optimierung der eigenen Arbeitsabläufe zu gewinnen. Darüber hinaus kann er sich ein Bild von möglichen neuen Mitarbeiter*innen machen. „Es ist eine Win-win-Situation.“

Neben der fachlichen Qualifikation bietet die Auslagerung des Praxisteils den Teilnehmer*innen die Möglichkeit, eine neue Arbeitsumgebung kennenzulernen, und mit Kollegen mit und ohne Behinderung sozial zu interagieren.

Sven Kussin betreut diesmal vier Beschäftigte aus verschiedenen Betriebsstätten, die sich bei einem einig sind: „Es macht viel Spaß.“ Manche arbeiten bereits im Lagerbereich und haben die Ambition über die betriebliche Integration in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu wechseln.

Beim Kommissionieren geht es darum, anhand einer sogenannten Kommissionierliste eine Bestellung zusammenzustellen, die aus bis zu 40 verschiedenen Artikeln bestehen kann. Der jeweilige genaue Lagerplatz ist zwar angeben, doch die Orientierung im Lager ist anfangs noch schwierig; die Kursteilnehmer*innen müssen zunächst lernen, wie Gänge und Regale organisiert sind. Die zweite Herausforderung ist der Vergleich der EAN-Nummer aus der Liste mit der des Lagerplatzes, um sicherzustellen, dass auch der richtige Artikel entnommen wird; EANs sind Zahlenfolgen und haben in der Regel 13 Stellen. Der / die Beschäftigte übernimmt jeweils eine komplette Bestellung. Vor der Weitergabe des gefüllten Kartons an den Versand wird dessen Inhalt nochmals von Kollegen auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft.

Die Voraussetzungen für die Teilnahme an diesem Qualifikationsbaustein haben die Beschäftigten mitgebracht: Sie können Buchstaben und Zahlen lesen, sich räumlich orientieren und haben vor allem Freude an der Bewegung. Immerhin kommen an einem Arbeitstag rund 13.000 Schritte zusammen, das entspricht acht bis neun Kilometern.

Thomas Theile aus Neureut hatte seinen betrieblich integrierten Arbeitsplatz pandemiebedingt verloren. Er erhofft sich, dass ihm die zusätzliche Qualifikation die Rückkehr auf den ersten Arbeitsmarkt erleichtert. Ihm gefällt die Arbeit, weil seine motorischen Einschränkungen hier kaum zum Tragen kommen: “Da muss man nicht so fein arbeiten. Mir liegt das „Grobe“.“

Für Christian Lodigiani  aus Ettlingen ist die Arbeit neu. Ihn beeindruckt die Größe des Lagers und die Vielfalt der Produkte. Er findet die Arbeit „Nicht schwierig. Man muss nur gut zu Fuß sein.“

Johannes Häberle, ebenfalls aus Ettlingen, hat zwar schon die Ausbildung als Lagerfachhelfer gemacht, kann durch den Kurs aber immer noch etwas dazulernen. „Mir macht das Suchen und Finden Spaß.“ Er kann sich jetzt auch vorstellen, woanders zu arbeiten.

Der Beweggrund, den Kurs zu machen, war für Nuray Lanz aus Hagsfeld 1 klar: „Weil ich es einfach können will.“ Und das haben sie und die anderen geschafft. So erfolgreich, dass für eine(n) von Ihnen bereits vor Ende der Maßnahme ein Praktikumsplatz gefunden wurde.

Autorin: Sigrid Hohn
Foto: Sauermost